Symposium der Historischen Kommission am 13.09.2012 zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den neuen Bundesländern. | Bildquelle: WDR/Oliver Ziebe

Symposium "Entstehung und Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in den neuen Bundesländern" am 13. September 2012

Seit 1992 ist die ARD auch in den neuen Bundesländern präsent. An das 20-jährige Jubiläum hat die Historische Kommission der ARD mit dem rundfunkhistorischen und medienpolitischen Symposium „Entstehung und Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in den neuen Bundesländern“ am 13. September 2012 im Haus des Rundfunks in Berlin erinnert.

„Dieses Haus hat alles gesehen und alles gesendet, was es im 20. Jahrhundert an ideologischen Blaupausen gab.“ Mit diesen Worten eröffnete die Intendantin des RBB, Dagmar Reim, im Kleinen Sendesaal des traditionsreichen Hauses des Rundfunks an der Masurenallee in Berlin das rundfunkgeschichtliche Symposium 2012 der Historischen Kommission der ARD zu dem Thema „Entstehung und Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in den neuen Bundesländern“.

Festvortrag von Konrad Weiß zu „Rundfunk und Freiheit“

In seinem knapp vierzigminütigen Festvortrag zu dem Thema „Rundfunk und Freiheit“ schilderte der Publizist und ehemalige Bürgerrechtler Konrad Weiß eindringlich den von der Zensur geprägten Alltag eines Dokumentarfilmers für das DDR-Fernsehen. „Freiheit muss nicht nur gedacht, sondern auch gesagt und gelebt werden dürfen“ – diese Erkenntnis bildete, so Weiß, nach 1989 den Ausgangspunkt der Beratungen der Arbeitsgruppe Medien am „Zentralen Runden Tisch“ über den Aufbau einer demokratischen Öffentlichkeit.

Erste Diskussionsrunde zu medienpolitischen Weichenstellung

Doch in welchem Umfang und in welcher Weise konnte das Personal der „Einrichtung“ in den rundfunkpolitischen Neuanfang einbezogen werden? Michael Albrecht, Christoph Singelnstein und Prof. Dr. Ronald Frohne, neben Lothar de Maizière und Konrad Weiß Teilnehmer der von Ingrid Scheithauer moderierten ersten Paneldiskussion mit Zeitzeugen und Experten der Gründerjahre, erinnerten in sehr persönlichen Schilderungen an die harten Verhandlungsrunden mit dem von der Regierung Kohl eingesetzten „Rundfunkbeauftragten“ und die Grenzen eines personellen Neuanfangs nach den langen Jahren der Diktatur.

Zweite Diskussionsrunde zur Aufbauzeit

Im Mittelpunkt der zweiten Paneldiskussion unter der Leitung von Elke Haferburg standen die Überlegungen der Medienpolitik und der damaligen Gründungsintendanten und des Intendanten des NDR, welche den Ausschlag für die Gründung des MDR als Drei-Länderanstalt und des ORB sowie für die Ausdehnung des Sendegebietes des NDR auf Mecklenburg-Vorpommern und die Programmgestaltung der Aufbauzeit gaben. Die ehemaligen Ministerpräsidenten Prof. Dr. Biedenkopf und Stolpe hoben nochmals die Bedeutung hervor, die die starke regionale Prägung des neuen, westlich geprägten Rundfunks für die Selbstvergewisserung einer durch den raschen Systemwechsel verunsicherten Bevölkerung in den neuen Ländern hatte. Die Stärkung eines regionalen Identitätsbewusstseins, Rückenwind für den Aufbau demokratischer Strukturen, die Herstellung der inneren Einheit – alle Diskutanten waren sich einig darüber, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk im Osten einen nicht unwesentlichen Anteil daran hat, wenn diese Ziele erreicht wurden.

Am Ende dieser Diskussionsrunde, die die ehemaligen Intendanten Prof. Plog, Prof. Dr. Rosenbauer und Prof. Reiter, die ehemaligen Ministerpräsidenten Prof. Dr. Biedenkopf und Stolpe und der Direktor des Grimme-Instituts Kammann bestritten, herrschte Einigkeit darüber, dass angesichts der dramatischen Folgen der Globalisierung für Europa zwanzig Jahre nach dem rundfunkpolitischen Neubeginn im Osten nicht mehr nur die lokale und regionale Handschrift den besonderen gesellschaftspolitischen Wert öffentlich-rechtlicher Programmangebote ausmacht, sondern mehr denn je ihre Offenheit für die großen europäischen Zukunftsthemen: „Europa zu erklären, das ist eine Riesenaufgabe“.

Dritte Diskussionsrunde mit Blick in die Zukunft

Wie groß diese Aufgabe ist – im Zeichen der epochalen Medienrevolution, die mit der Digitalisierung einher geht – wurde im dritten Panel deutlich, das vom Medienjournalisten Steffen Grimberg moderiert wurde. Ministerpräsident Beck, Staatsminister Dr. Beermann, Bundesverfassungsrichter Prof. Paulus, EBU-Präsident Philippot, die ARD-Vorsitzende Monika Piel, die Intendantinnen Prof. Dr. Wille und Dagmar Reim sowie Intendant Marmor zeichneten in einer rund 90-minütigen Schlussrunde ein facettenreiches Bild der den öffentlich-rechtlichen und den privaten Rundfunk in Europa gleichermaßen betreffenden Herausforderungen, die mit dem Aufstieg des Internets und seiner Angebotsvielfalt, mit der Dominanz weltweit agierender Internetkonzerne wie Google und mit der zunehmenden Europäisierung der Medienpolitik verbunden sind.

Mehr zu diesem Thema:
Veranstaltungen – Übersichtsseite